Was ist der Decoy Effekt? Mit dem heutigen Artikel möchten wir euch eine Variante vorstellen, wie man mit verhältnismäßig geringem Aufwand den Kaufentscheidungsprozess des Kunden so beeinflussen kann, dass sich dies im Wert des Warenkorbes widerspiegelt.
Ganz gleich ob ein Relaunch oder ein Facelifting einer Website durchgeführt wird, beide Herangehensweisen schüren nach Fertigstellung nicht selten erhebliche Erwartungen bei den Website-Verantwortlichen. In den meisten Fällen ist diese Erwartungshaltung gerechtfertigt, denn wer die dafür oftmals nicht unerheblichen Investitionen tätigt, möchte selbstverständlich, dass sich diese auch rentieren. Rentiert in der Form, dass die zuvor gesteckten Ziele der Seite erreicht und im Idealfall übertroffen werden. Eine primäre Zielsetzung für E-Commerce-Auftritte ist daher der im Kaufprozess durchschnittlich erreichte Warenkorbwert.
Entscheidend für den erfolgreichen Kaufentscheidungsprozess ist natürlich der Konsument selbst. Denn Konsumenten, die Produkte, Services oder Dienstleistungen nach bestimmten Eigenschaften auswählen, betrachten Produkte nicht einzeln und allein für sich, sondern vergleichen sie mit anderen Produkten hinsichtlich der für sie wichtigen Merkmale, wie Preis, Design, Geschmack, Ausstattung etc.

Neurowissenschaft meets Online-Marketing
Je nachdem auf welche Studie man zurückgreift, bekommt man die Information das lediglich 5 bis 15 % aller Kaufentscheidungen bewusst von Nutzern getroffen werden. Heißt, 85 bis 95% treffen ihre Kaufentscheidungen nicht bewusst bzw. rational, sondern unterbewusst (emotional) getroffen. Eine, wenn nicht gar die entscheidende, zentrale Rolle bei dieser Entscheidung spielt das menschliche Belohnungssystem. Diese durch Emotionen ausgelöste Belohnung wird durch Sprache, Bilder, Geschichten oder Symbole angesprochen. Einer dieser Effekte, die das menschliche Belohnungssystem ansprechen ist der Decoy-Effekt (zu deutsch: Köder- oder Täusch-Effekt).
Decoy-Effect – Eine mögliche Methode für mehr Umsatz
Wenn Konsumenten die Wahl zwischen 2 Produkten haben, kann durch Ergänzen eines dritten Produkts der Entscheidungsprozess verändert werden. Dieses dritte Produkt (das sogenannte “asymmetrisch dominierende Produkt”) wird in einigen Fällen durch den Konsumenten besser als eines der beiden ursprünglichen Produkte empfunden, dominiert jedoch keines dieser Produkte, sondern sorgt nur dafür, die Entscheidung zwischen den beiden ursprünglichen Produkten zu verstärken.
Um den Effekt zu verdeutlichen, widmen wir uns einem weniger theoretischen und alltäglichen praxisnahen Beispiel: In einer Studie mit Hochschulstudenten als Teilnehmer wurde die Aufgabe gestellt, sich aus dem Angebot an verschiedenen Bieren für eines zu entscheiden. Hierzu ist zu sagen, dass die Studenten lediglich zwei Unterscheidungsmerkmale erhalten haben, den Preis und das Qualitätsniveau des Bieres. Ausgangspunkt der Studie war somit folgende Entscheidungssituation:

Das Beurteilungsmodell welches die Entscheidungsfindung beeinflusst, führt durch die Bewertung und Gewichtung vorliegender Eigenschaften (Preis und Qualität des Bieres) zur Wahl des präferierten Bieres durch die Zielgruppe. Dabei werden alle zur Auswahl stehenden Produkte direkt einzeln subjektive miteinander hinsichtlich ihrer relevanten Produkteigenschaften bewertet. Diese Bewertungen der einzelnen Produkteigenschaften werden dann additiv verknüpft. Das Produkt welches dann in diesem Beurteilungsmodell den besten Eindruck hinterlässt, wird ausgewählt. Nicht unbedingt zu erwarten war, dass für Studenten die Bierqualität über dem Preis steht.

Zielsetzung für den weiteren Verlauf war es nun, die Veränderung des Kaufverhaltens auf Basis des Beurteilungsmodells zu beobachten. So wurde zu der bestehenden Auswahl zwischen zwei Bieren, von denen die Testgruppe eine deutlich bevorzugten, die „Decoy-Option“ (ein drittes Bier zum Preis von 3€) hinzugefügt. Aufgabe dieses dritten Option ist es, insbesondere das Bierangebot in der Mitte attraktiver wirken zu lassen.

Die „Decoy-Option“ fungiert ist diesem Fall als eine Art Köder, der die Entscheidung der Konsumenten für eines der anderen zur Wahl stehenden Produkte beeinflussen soll und so viel kann ich vorweg nehmen, dieses dritte Bier zum Preis von 3€ wird seine „Aufgabe“ erfüllen ;o) Aber wie kann es dazu kommen? Der Trick besteht eigentlich leidglich darin, durch das Hinzufügen einer weiteren Alternative (Bier für 3€), die bisher teuerste Alternative(Bier für 2,50€) besser dastehen zu lassen.

Das Ergebnis spricht für sich. Die ursprünglich teuerste Biersorte zum Preis von 2,50€ erfährt eine Absatzsteigerung von 6% und das nun teuerste Bier für 3€, wird ebenfalls noch von 2% der Testgruppe ausgewählt. Die Umsatzsteigerung bei diesem Produkttest beläuft sich auf immerhin 8%. Auch wenn man die Ergebnisse einer solchen Studie hinsichtlich einer möglichen Umsatzsteigerung nicht 1:1 adaptieren kann, sollte mittels dieser Vorgehensweise deutlich werden, welche Möglichkeiten in diesem Ansatz zur Konversion-Optimierung auch online stecken.

Aufgrund unserer menschlichen Verhaltensweise ist der Decoy-Effekt für die Anwendung der Erkenntnisse der Verhaltensökonomik in der praktischen Alltag prädestiniert. Da Anbieter damit das Konsumentenverhalten gezielt(er) steuern können, verwundert es nicht, dass insbesondere im direkten Vergleich von Produkten oder Services auf eine solche Methode zur Steigerung des Warenkorbwertes gern zurückgreifen.
Decoy Effekt Theorie Fazit
Trotz der recht plakativen Vorstellung und Beschreibung, hoffe ich Euch den Decoy-Effekt anschaulich vorgestellt und dessen Wirkungen so beschrieben zu haben, dass Ihr daraus Learnings generieren könnt, um diese ggf. in Eure Projekte einfließen zu lassen. Auch wenn das Erzielen solcher Erfolge für jeden erstrebenswert ist, solltet Ihr bei der Steigerung der Conversion Rate und des Umsatzes einer Webseite nicht vergessen, die Ziele bzw. die daraus abgeleiteten KPIs fortwährend und in einem iterativen Prozess ausgiebig zu testen. Soll heißen, nur eine dritte Bierflasche hinzustellen und für immer im Regal stehen lassen, wird nicht für immer steigende Umsatzzahlen garantieren.
Decoy Beispiele aus der Praxis
Werfen wir doch einen Blick auf die Umsetzung in der Praxis. Für die Anwendung des Decoy Effekts gibt es auch in der einige Beispiele. Ein paar möchte ich euch hier vorstellen. Je nach Umsetzung wird bewusst auch mit Empfehlungen für eine bestimmte Version gespielt.
Mitgliedschaftsoptionen: Plant for the planet
Das Team von Plant for the Planet setzt den Decoy Effekt bei der Auswahl der Migliedschaftsmöglichkeiten ein. Zwar bekommt man für 10 € pro Monat ein Buch, im direkt Vergleich scheint die Plus Version aber attraktiver zu sein.

Amazon Kindle: Featureliste, die überzeugt
Wer sich für einen Kindle entscheidet hat die Wahl zwischen mehreren Alternativen. Ob man ein intelligentes Frontlicht und andere Zusatzfeature braucht, bleibt dem Käufer überlassen. die Paperwhite Variante scheint aber angesichts der vielen Vorteile des Voyage deutlich attraktiver als die Kindle Version ohne Beleuchtung.

Der Decoy Effekt mit Empfehlung bei Microsoft Office
Microsoft versucht bei seinen Optionen die Premium Version zu empfehlen. Es wäre spannend zu sehen, wie sich das Kaufverhalten ändert, wenn man die Empfehlung / Best choice auf eines der anderen Varianten setzen würde. Ein mögliches Beispiel für Testing der Conversion Rate auf der eigenen Website.

Kaufentscheidung bei der New York Times
Auf der Suche nach einem Zeitungsabo? Die New York Times bietet gleich 4 Möglichkeiten der Auswahl. Wofür wird sich der Kunde entscheiden?

Webhosting Kaufentscheidung bei All-inkl
Wieviel Power soll das Webhosting Paket haben? Benötige ich 10 Domains oder reichen 5 für mich? Der Decoy Effekt am Beispiel von All-inkl.

Die Praxis zeigt: Es gibt eine Vielzahl an Varianten und Möglichkeiten, die getestet werden können und auch getestet werden sollten. Es gibt also viel zu tun.
Viel Spaß & Erfolg beim Optimieren!
Kommentar?